Radtour zur Kartause Ittingen
Auch der linksrheinische Teil von Stein am Rhein hat eine bedeutende Sehenswürdigkeit: Die reformierte Kirche steht auf den heute noch sichtbaren Grundmauern eines römischen Kastells.
Der Hinweg bis zur Kartause Ittingen folgt dem kantonalen Radweg „Kartäuser-Route“, die zwei gerade außerhalb des Kantons Thurgau gelegene Städte verbindet: Stein am Rhein im Kanton Schaffhausen und Wil im Kanton St. Gallen.
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Vom Bahnhof Stein am Rhein kommen wir gleich in den Kanton Thurgau nach Kaltenbach, einen Ortsteil von Wagenhausen, und fahren durch die Felder nach Etzwilen. Dieses Dorf ist vor allem den Eisenbahnern ein Begriff, weil sich hier die Bahnlinien Kreuzlingen – Schaffhausen und Winterthur – Singen kreuzen. Nach dem großen Bahnhof fahren wir etwa drei Kilometer weit an der Bahnlinie entlang und umrunden mit ihr die Nordwestecke des Seerückens, die jetzt wieder zum Kanton Zürich gehört. Diese nordöstliche Ecke des Kantons heißt „Zürcher Weinland“, und nachdem wir die Straße nach Winterthur überquert haben, zeigt sich der Grund dafür: Der Hang des Seerückens ist mit Weinbergen bedeckt, aber in der Ebene des Weinlandes finden sich – für die einheimische Bierproduktion – auch Hopfenkulturen.
Wir fahren nach Unterstammheim (440 m) hinein, das zusammen mit Oberstammheim am Südwestfuß des Stammerbergs liegt. Das seit 1652 in die beiden Gemeinden geteilte Doppeldorf ist bekannt und sehenswert wegen seiner prachtvollen Riegelhäuser, die schon seit drei oder vier Jahrhunderten stehen und fast alle gut erhalten und immer schön mit Blumen geschmückt sind. In Oberstammheim ist die Galluskapelle (12. – 15. Jh.) mit ihren in den letzten Jahren restaurierten hochgotischen Wandmalereien einen Abstecher wert. Etwa unterhalb der Kapelle verlässt die „Kartäuser-Route“ die Durchgangsstraße nach rechts Richtung Wilen/Uesslingen, aber schon nach dem Ortsende biegen wir links ab und folgen dem Wegweiser Uerschhausen/Buch.
Etwa beim Seehof beginnt das Seebach-Tal, eine weite, herrlich idyllische Landschaft, die größtenteils zum Kanton Thurgau gehört. Der Seebach mündet östlich von Frauenfeld in die Thur und hat seinen Namen von den drei Seen Nussbaumer See, Hasensee und Hüttwiler See. Sie sind von alten Bäumen und Riedflächen umgeben und stehen mit den Uferbereichen unter Naturschutz. Am Nussbaumer See gibt es drei Badestellen, am Hüttwiler See auch ein kleines Strandbad. Ein romantischer Ort, um über diese Seenlandschaft zu schauen, ist die Ruine Helfenberg. Wer einen Abstecher an den Hüttwiler See macht, kann bei der Gelegenheit noch die freigelegten Reste des römischen Gutshofs Stutheien besichtigen (oberhalb der Landstraße, mit schönem Rastplatz).
Wir fahren auf der kleinen Straße nördlich an Uerschhausen (450 m) vorbei und kommen durch üppige Felder nach Buch (460 m), wo im Ortszentrum eine eher unscheinbare ältere Kapelle steht, die aber ebenfalls hervorragend erhaltene Wandmalereien aus der Manesse-Zeit (um 1320) enthält. Die Straße steigt leicht an und erreicht bald den Höhenzug, der sich parallel zur Thur hinzieht und an vielen Stellen eine wundervolle Aussicht auf den südlichen Thurgau und die Alpen bietet. Einer der der schönsten Aussichtsplätze ist Iselisberg (506 m, etwa 1 km abseits der Route). Nun geht es mit einer flotten Abfahrt hinunter ins Thur-Tal und zur Kartause Ittingen (420 m), die zur Gemeinde Warth-Weiningen gehört.
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Das ehemalige Kartäuserkloster (im 12. Jh. als Augustinerpropstei gegründet, bis 1848 Kloster) ist vor allem als kulturelle Sehenswürdigkeit bekannt, aber auch kulinarisch und durch die dort verkauften Produkte der eigenen Landwirtschaft (Wein, Brot, Käse u.a.) kommen die Besucher auf ihre Kosten. Obwohl das Kloster nach seiner Auflösung eineinviertel Jahrhunderte lang als Gutshof genutzt worden ist, sind die Klostergebäude und die Klosterkirche (16. Jh., barock umgestaltet) im Original erhalten. Um den ganzen Komplex wieder kulturell zu nutzen, wurde er von einer Stiftung übernommen, aufwendig restauriert und durch gut angepasste Neubauten ergänzt. Seit 1982 dient die Kartause Ittingen als Tagungs- und Bildungszentrum und beherbergt das Ittinger Museum (zur Geschichte des Klosters) sowie das Kunstmuseum des Kantons Thurgau. Wegen dieser Vielfalt der Besichtigungsmöglichkeiten sollte man einen längeren Aufenthalt einplanen – und wer sich nach der Kultur noch der Natur widmen will, kann an die Thur hinuntergehen und auf dem Biber-Lehrpfad etwas über die „Wasserbau-Ingenieure“ der Tierwelt erfahren.
Auf dem Rückweg überqueren wir – sehr aussichtsreich – den Seerücken und können uns dabei auf einzelnen Teilstrecken an der „Seerücken-Route“ und an der „Untersee-Erlebnis-Route“ orientieren. Wir verlassen die Kartause Ittingen auf der Straße nach Warth mit letzten Blicken über die Thur-Ebene. Kurz nachdem wir auf die Landstraße nach Weiningen gestoßen sind, gibt es noch die Möglichkeit, einen Abstecher nach links zur Kirche von Warth zu machen.
Die kleine Kirche ist weniger aus kunstgeschichtlichen Gründen interessant als wegen ihrer Lage und Entstehungsgeschichte: Sie wurde im 15. Jahrhundert in beherrschender Lage auf dem Grat des Weinbergs gebaut, an dessen Fuß die Kartause Ittingen steht, und ihre Erbauung soll durch einen „Sitzstreik“ der Frauen von Warth erzwungen worden sein, da ihnen ab 1461 der Zutritt zur Kirche der Kartäuser verboten war. Also noch ein Blick zurück über die Thur nach Frauenfeld, im Gedenken an die mutigen frommen Bäuerinnen!
Mit einer leichten Steigung kommen wir nach Weiningen (450 m), wo die „Wein-Route“ unseren Weg in Richtung Weinfelden verlässt. Die beiden Ortsnamen führen übrigens auf eine falsche Fährte, denn sie haben nichts mit dem hier verbreiteten Weinbau zu tun, sondern werden von einem Personennamen „Wino“ abgeleitet.
Von Weiningen fahren wir nach Herdern, nach einer leichten Anhöhe geht es dabei auf einer schmalen Straße hinunter ins Tal des Seebachs, den wir bei der Tüfenmüli (d.h. die Mühle in der Tiefe) überqueren. In Herdern (500 m) treffen wir auf die „Seerücken-Route“, die von Arbon bis Diessenhofen am Südhang des Seerückens entlangführt. Auf der Landstraße nach Mammern fahren wir bei weiterhin leichter Steigung fast geradeaus bis zum Weiler Ammenhausen (580 m), der vor allem aus einer Käserei besteht. Solche Käsereien gibt es im Thurgau noch in fast jedem Dorf, aber hier machen sie nicht nur Emmentaler oder Tilsiter, sondern haben noch ein paar Spezialitäten entwickelt, z.B. auch koscheren Käse. Hier biegen wir nach Westen ab Richtung Klingenzell / Eschenz, so dass wir die Fernsicht nicht mehr nach rechts, sondern nach links haben. Von hier bis Stein am Rhein können wir uns jetzt an den Schildern des Radwanderwegs orientieren, der unter dem Motto „Erlebnisradeln am Untersee“ 36 Stationen der Kulturlandschaft um den Untersee verbindet.
Nach einer letzten Steigung ändert sich die Landschaft schlagartig, denn jetzt kommt nach Norden nicht mehr der nächste Hügel des Seerückens ins Blickfeld, sondern der Schiener Berg jenseits des Untersees, der dann schließlich selbst tief unten erscheint. Gemütlich rollen wir hinunter nach Klingenzell (560 m). Der Platz bei der barocken Wallfahrtskapelle Mariahilf (1705) gilt als einer der besten Aussichtspunkte über dem Untersee mit einem der schönsten Ausflugslokale in dieser Lage.
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Bei der rasanten Abfahrt (160 Höhenmeter auf zwei Kilometern) kommen wir am Schloss Freudenfels (13. – 18. Jh., heute Ausbildungszentrum) vorbei, wo sich auch noch ein schönes Panorama über den See bietet. Unten in Eschenz überqueren wir die Bahnlinie und die Hauptstraße, und schon sind wir wieder fast am Ufer des Untersees. Zwischen Eschenz und Stein ist auch der Zugang zur Insel Werd, der uns in eine ganz andere Welt entführt. Auf dem 200 Meter langen Holzsteg durch das flache Wasser wird es mit jedem Schritt ruhiger, und die alte Wallfahrtskapelle St. Othmar mit dem kleinen Franziskanerkloster erscheint als eine friedliche Oase weit weg vom Rest der Welt, obwohl die von Touristen oft überfüllte Altstadt von Stein am Rhein nicht mal einen Kilometer Luftlinie entfernt ist.